Russball, Folge 31: Wie man seine Legionäre loswird

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Eine ruhige Woche im russischen Fußball. Anfang Januar kommt das Leben in Russland zum Erliegen – erst Neujahr, dann orthodoxe Weihnachten, das bedeutet mehr oder weniger eine Woche voller Feiertage. (Zenit St. Petersburg dokumentiert, wie seine Spieler die freie Zeit verbracht haben; bei den Silvester-Outfits ist durchaus der ein oder andere Kandidat für den Thomas-Gottschalk-Gedächtnispreis dabei, etwa Nummer 5 oder 6.)

Aber echte Nachrichten? Kaum. Ligafußball? Winterpause. Und da ich hier keine halbinteressanten Infos aufblasen will, wird es diesmal eine kurze Folge.

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⚽ Die Fußball-WM ist zwar ein Anlass für Fluglinien und Hotels, ordentlich die Preise zu erhöhen. Unbegrenzt geht das aber dann doch nicht: Russlands oberste Tourismusbehörde will die Hotels, die sie bei solchen Preiserhöhungen erwischt, auf eine schwarze Liste setzen.

Was bedeutet es, auf dieser Liste zu stehen? Einen Imageschaden, wenn sie in den kommenden Wochen veröffentlicht wird – spätestens im Februar soll es so weit sein. Ansonsten bleiben die Konsequenzen unklar. Immerhin, sagt Oleg Safonow, der die Behörde leitet: Bisher stünden ohnehin nur wenige Hotels auf der Liste, vor allem aus den Gastgeberstädten Saransk und Wolgograd. Eines sei dadurch aufgefallen, dass es die Zimmerpreise zur Weltmeisterschaft gleich um das Vierzigfache erhöht habe.

⚽ Vor vier Wochen ging es hier schon mal um Rubin Kasan. Der russische Erstligaclub hat kaum noch Geld und zahlt seit Monaten keine Gehälter mehr. Schon damals gab es Spekulationen, dass das dem Verein ein willkommener Anlass sein könnte, sich von ausländischen Spielern mit allzu hohen Gehältern zu trennen.

Das hat sich nun bestätigt: Gleich acht Legionäre auf einen Schlag sollen den Verein verlassen, so Trainer Gurban Berdiýew, und sich neue Vereine suchen. Nur vier ausländische Spieler dürfen bleiben. „In naher Zukunft“ sollen diese Transfers über die Bühne gehen – vielleicht kann sich Kasan in der Rückrunde ja dann mal wieder auf den Fußball konzentrieren und sich vom 11. Tabellenplatz ein Stückchen nach oben kämpfen.

⚽ Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde in diesem Stadion Erstligafußball gespielt. Dennoch würde ich mich wundern, wenn hier irgendjemand rät, in welcher Stadt es steht (ich bin jedenfalls nicht drauf gekommen).

Also: Erst tippen, dann den Tweet anklicken, die Auflösung steht in den Antworten unten drunter. Kleiner Hinweis: 1997 war der Verein Tabellenerster in der zweiten Liga. Und noch einer: Um den Namen des Vereins zu verstehen, muss man Kalmückisch sprechen. Tut ihr natürlich, ne?

⚽ Ende 2017 wurde Quincy Promes zum besten Fußballer in Russland gewählt, nun ist er möglicherweise bereits auf dem Absprung. Sowetski Sport führt ihn jedenfalls auf seiner aktuellen Liste der „Sieben Spieler, die Russland schon im Winter verlieren könnte“.

Oft sind es demnach englische Vereine, die den russischen Clubs ihre Spieler abwerben wollen. An Promes soll Liverpool interessiert sein, an Alexander Golowin der FC Chelsea, an Fjodor Smolow möglicherweise West Ham United. Und das, wo Russlands Premjer-Liga sich gerade unter den sechs stärksten Ligen Europas etabliert habe, klagt Sowetski Sport.

⚽ Wer ja auch schon ganz auf die Fußball-WM eingestellt ist: die Volkshochschulen. Die VHS Essen fängt ganz klassisch an mit einem Sprachkurs: „Russisch für die Fußball WM 2018 in Russland- Die Quali für Anfänger“. Die Kollegen in Aschaffenburg laden ein zum Vortrag „Menschenrechte im Fußball – Die WM in Russland“.

In Düsseldorf warten sie mit ihrem Themenabend zu den Gastgeberstädten, bis die WM schon läuft. An der VHS Wesel-Hamminkeln-Schermbeck lernen Kursteilnehmer, wie man Russlands berüchtigten Hering im Pelzmantel kocht. In München schließlich hauen sie richtig einen raus: 250 Veranstaltungen zum WM-Gastgeberland. Oder, wie die VHS selber textet: ein Russland-Komplex.

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Nächste Woche tut sich dann wieder mehr im russischen Fußball. Doch, wirklich. Ganz sicher. Sonst hätte die Nationalmannschaft doch wohl nicht gestern diesen betont schweißtreibenden „An die Arbeit“-Tweet gepostet. In diesem Sinne: Bis dann!



 

Russball, Folge 12: Russlands Oligarchen als Fußball-Investoren

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Wir müssen Abbitte tun bei einem Tier. Nein, nicht bei dem Hammel, den die Mannschaft von Amkar Perm gemeinsam geschlachtet hat, um ihre Pechsträhne zu beenden. Dem ist nicht mehr zu helfen. Eine reumütige Entschuldigung gebührt vielmehr dem Kormoran. Letzte Woche waren hier Vorwürfe des Petersburger Vize-Gouverneurs zu lesen, es regne deshalb ins neue Stadion rein, weil ebendieser gemeine Kormoran mit seinem Schnabel Löcher in den Schutzfilm auf dem Dach hacke.

Seitdem haben russische Sportmedien Ornithologen zu Wort kommen lassen, mit zwei Ergebnissen. Erstens: „In Sankt Petersburg gibt es keine Vögel, die in der Lage wären, das Stadiondach zu beschädigen.“ Und zweitens, eh einer fragt: „Vögel bedrohen nicht die Integrität des Daches des Stadions von Nischni Nowgorod.“ Ist das auch geklärt.

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⚽ Wo wir gerade von Vögeln sprechen: Dieser Absatz hier endet mit einem schmutzigen Witz. Wer sich die Reinheit seiner Seele bewahren will, scrollt am besten weiter.

Keiner? War ja klar! Also, seit Spartak Moskau neulich 3:4 gegen Lokomotive Moskau verloren hat, kursieren in den sozialen Netzwerken allerlei Witze auf Spartaks Kosten. „Was haben Spartak und ein Taxi gemeinsam? Bei beiden kriegst du vier rein“, heißt es da zum Beispiel bei Twitter. Bombardir.ru hat eine ganze Kollektion dieser Witze veröffentlicht.

Einer davon fühlt sich von den ganzen Schüssen, die es ins Tor von Spartak schaffen, sogar an eine Art Orgie erinnert: „Wenn Spartak diese Saison keinen Vertrag abgeschlossen hat, dass seine Spiele live bei Pornhub gestreamt werden, dann weiß ich auch nicht, was das hier soll.“ (Pornhub ist in Russland weithin bekannt – dafür hat die Internetaufsichtsbehörde gesorgt, als sie die Seite 2016 öffentlichkeitswirksam sperrte. Inzwischen ist die Seite wieder erreichbar.)

⚽ Keine Scherzfrage, sondern eine ernste: Was verbindet die drei Moskauer Vereine ZSKA, Spartak und Lokomotive? Sie alle beißen sich heute wahrscheinlich vor Wut in den Hintern, wenn man einem Bericht von Sport Express Glauben schenkt. Denn sie alle hatten demnach Anfang der Zweitausender Jahre die Gelegenheit, Henrikh Mkhitaryan zu verpflichten.

Der 18-Jährige war damals ein vielversprechender Spieler des FC Jerewan, doch alle drei Clubs entschieden sich dem Bericht zufolge gegen ihn. Den Rest der Geschichte kennen nicht nur BVB-Fans: 2013 gelang Mkhitaryan der internationale Durchbruch, heute spielt er eben nicht in Russland, sondern bei Manchester United.

⚽ Damit sind wir dann auch direkt beim Thema Champions League, genauer gesagt: bei den nächsten Spielen der Moskauer Teams. Denn die Auslosung sorgt dafür, dass Moskaus Polizisten schon mal das Überstundenformular parat legen: Ende September werden gleichzeitig Fans des FC Liverpool und eben von Manchester United in der Stadt erwartet, für ihre Spiele am 26. bzw. 27. Eine Konstellation, bei der das Sicherheitskonzept garantiert besonders gründlich entwickelt wird.

⚽ Seit ich acht Jahre alt war, singe ich im Chor. Entsprechend viele andere Chöre habe ich seitdem singen gehört, von großartig musikalisch bis spektakulär falsch. Dass aber ein Chorauftritt eine Geldstrafe für einen Fußballverein nach sich ziehen kann, das habe ich diese Woche auch zum ersten Mal gehört. Der Verein ist der FK Torpedo Wladimir, der Chor sind die „Lerchen von Wladimir“, die leider zu Beginn der zweiten Halbzeit noch nicht ausgelercht hatten.

Stattdessen sangen die vier Männer und fünf Frauen munter weiter, während hinter ihnen schon wieder gespielt wurde. Ergebnis: Der Club muss sich auf mindestens 20.000 Rubel (286 Euro) Strafe einstellen, weil er es versäumt hat, während des Spiels für Ruhe zu sorgen. Torpedo-Trainer Alexander Akimow scheint der Vorfall aber ganz gut gepasst zu haben: „Wir setzen eben alle verfügbaren Mittel ein, um den Gegner platt zu machen.“

⚽ Die staatliche Nachrichtenagentur TASS hat ein langes, sehr langes, episch langes Sommerlochfüllinterview mit Russlands Sportminister Pawel Kolobkow geführt. Es geht, grob gesagt, um alles – Synchronschwimmen, die Olympischen Winterspiele, Döneken aus Ministers Schulzeit, Eishockey, Fechten, Doping, Adidas… und zweimal auch um die Fußball-WM.

Zum einen betont Kolobkow, dass er damit rechnet, dass die WM im kommenden Jahr trotz Dopingvorwürfen in Russland stattfindet. Zum anderen deutet er zumindest an, was nach dem Turnier mit den ganzen großen Stadien geschehen soll – wo Russlands Fußballclubs doch eh schon Probleme haben, das Haus vollzukriegen. Wer mehr wissen will oder sich einfach für ein Jugendfoto des Ministers in voller Fechtmontur interessiert: bitte hier entlang.

⚽ Ein bisschen was für den Terminkalender: Am Tag der WM-Auslosung, also am 1. Dezember, soll laut TASS im neuen Stadion von Kaliningrad ein besonderes Fußballspiel stattfinden. Es spielen zwar wie immer elf gegen elf Leute, allerdings dürfte ein bisschen häufiger ausgewechselt werden als sonst, denn das Spiel soll 24 Stunden dauern. Bisher haben sich rund 300 Spielwillige gemeldet.

Schon deutlich früher, nämlich Anfang Oktober, will die WM-Gastgeberstadt Nischni Nowgorod ihr neues Stadion fertig haben. Die Idee fürs Eröffnungsspiel dort ist ziemlich klasse: Eine Mannschaft aus Mitarbeitern der Regionalregierung tritt gegen ein Team aus Bauarbeitern an, die die neue Arena hochgezogen haben. Ich hab so eine Vermutung, wer da körperlich fitter ist. In der Hauptstadt dagegen muss alles ein bisschen seriöser sein. Wenn das Olympiastadion Luschniki mit seiner Rundumerneuerung durch ist, spielt zur Wiedereröffnung Russland gegen Argentinien.

⚽ Ihr erinnert euch an den Kollegen James Ellingworth, der gerade alle WM-Austragungsorte abklappert? Aus Wolgograd, das einst Stalingrad hieß, hat er einen ziemlich beeindruckenden Text geschrieben, den ich nur empfehlen kann. Ein Bericht über ein Stadionbauprojekt, bei dem die Arbeiter mehr als 200 Granaten und die sterblichen Überreste zweier sowjetischer Soldaten gefunden haben.

⚽ Von Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch hat jeder schon mal gehört, vielleicht auch noch von Alischer Usmanow, dem knapp ein Drittel von Arsenal gehört. Aber Margarita Louis-Dreyfus? Dmitri Rybolowlew? Sergei Galizki? Forbes Russia gibt einen Überblick, welche reichen Russen alle so in Fußballvereine investiert haben, sei es im In- oder im Ausland.

Als Nebenfigur darf auch kurz Dietrich Mateschitz von Red Bull auftreten, und zum Schluss wird die Frage geklärt: Lohnt sich das denn überhaupt, Geld in Fußball zu stecken? Wäre Football oder Baseball nicht lukrativer?

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Am Schluss ein Dank an Benedikt für diverse Übersetzungshilfen bei dieser Ausgabe – und ein Hinweis für alle, die diese Russball-Folge am Tag ihrer Veröffentlichung, also am Mittwoch lesen: Heute Abend schließt sich Schlag Mitternacht das Transferfenster für Russlands Fußballvereine.

Was bis dahin noch an ungelegten Eiern zu begackern ist, hat Sport Express hier zusammengefasst, aber ganz ehrlich: Das ist selbst mir zu detailliert. Dann reden wir lieber nächste Woche über die Wechsel, die dann auch tatsächlich zustande gekommen sind. Bis dann!