Wassertropfen und Sprachperlen

Sunny Skies and Mountains

Allmählich bleiben mehr chinesische Wörter hängen. Má und là beim Kochen, die beiden Arten von „scharf“.  Zhè ge und nèi ge, „dieses“ und „jenes“, die den tippenden Zeigefinger auf der Speisekarte begleiten. Jiǎozi und bāozi, einmal Nudel-, einmal Hefe-, beides gefüllte Teigtaschen.

Okay, Wörter machen noch keinen Satz. Klar wäre es schön, zu sagen: „Entschuldigung, guter Mann, Sie haben nicht vielleicht auch eine englische Zeitung?“ Aber „Nǐ hǎo. Yīngwén bào?“ („Guten Tag. Englische Zeitung?“) reicht auch, um die aktuelle Ausgabe von China Daily zu kriegen. Das Blatt gehört dem Staat, ist also brav auf Linie, was man vor allem auf den Kommentarseiten merkt. Selten war es so unnötig, zwischen den Zeilen zu lesen.

Am meisten Spaß macht eh die Seite, auf der neben Horoskop, Comics und dem Kreuzworträtsel der New York Times die Tipps für besseres Chinesisch stehen. Derzeit werden die Naturschönheiten von Jiuzhaigou gepriesen, in Sätzen wie aus synchronisierten US-Teleshopping-Spots. Oh mein Gott, Bob, das ist ja unglaublich. So viele Möglichkeiten, einen Gemüsehobel zu verwenden. Ich muss mir an dem Kopf fassen.

„Es ist sehr angenehm, auf einem Weg zu laufen, der mit Holzbohlen gepflastert ist.“

„Das Bewusstsein für die Umwelt scheint hier wirklich überall sichtbar zu sein.“

„Denkst Du nicht auch, dass die spritzenden Wassertropfen wie Perlen aussehen?“

„Der Urwald ist ein großes natürliches Sauerstoffcafé.“

Falls wir uns also demnächst auch Chinesisch unterhalten, freut euch auf kluge Sätze. Denkst Du nicht auch, dass die spritzenden Wassertropfen wie eine englische Zeitung aussehen? Das Bewusstsein für dieses und jenes scheint hier wirklich überall sichtbar zu sein. Es ist sehr angenehm, auf einem Weg zu laufen, der mit Teigtaschen gepflastert ist.

(Foto aus Jiuzhaigou von Augapfel bei Flickr.)