Twitter-Nutzer fordern bessere Meldefunktion für Droh-Tweets

Am 4. August könnte es bei Twitter leise werden; noch leiser, als es das an einem Sonntag im Sommer ohnehin schon ist. Denn unter britischen Nutzern verbreitet sich gerade ein Boykott-Aufruf: keine Tweets, einen Tag lang. Die Idee kommt, soweit ich das zurückverfolgen konnte, von der Journalistin Caitlin Moran, wobei ihre Wortwahl recht milde ist für das, was passiert ist:

Sie spricht von Trollen, von Höflichkeit bei Twitter. Tatsächlich aber geht es um mehr, nämlich um angedrohte Vergewaltigungen. Ziel dieser Drohungen ist Caroline Criado-Perez. Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass auf englischen Geldscheinen auch Frauen zu sehen sind.

Im Independent (Update: und im New Statesman) berichtet Criado-Perez, wie sie nach der Berichterstattung rund um die Zehn-Pfund-Note mit einem Porträt von Jane Austen unzählige Tweets erhielt, in denen ihr sexuelle Gewalt angedroht wurde. (Wer sich das antun will, kann einige dieser Tweets hier als Screenshots nachlesen.)

Die gute Nachricht: Criado-Perez wandte sich an die Polizei und wurde dort ernstgenommen. Die schlechte Nachricht: Bei Twitter dauerte es, bis sich jemand des Themas annahm. Zunächst, so berichtet Criado-Perez, habe sie sich an Mark S. Luckie gewandt, der bei dem Unternehmen für Journalismus und Nachrichten zuständig ist. Statt zu helfen, habe der aber bloß seinen Account gesperrt, so dass seine Einträge nicht mehr öffentlich sichtbar sind.

Luckie mag mit seinen Zuständigkeiten nicht der richtige Ansprechpartner bei Twitter gewesen sein. Eine etwas souveränere Reaktion als einen gesperrten Account kann man sich trotzdem problemlos vorstellen – und sei es nur ein „Bitte wenden Sie sich an…“ oder „Ich geb das weiter“. Zuständig fühlte sich schließlich, knapp zwei Tage nach Beginn der Drohungen, Tony Wang, Twitter-Chef für Großbritannien. Er verwies auf das bestehende Verfahren, mit dem Nutzer Twitter-Accounts melden können, die Hass und Gewaltaufrufe verbreiten.

Dass das allerdings – beim Melden wie bei der Prüfung durch Twitter – ein eher langwieriger Prozess ist, konnte man zuletzt bei einem deutschsprachigen Account beobachten. Bei Nutzer @1291helvetia74, der rechtsextremes Gedankengut verbreitete, dauerte es eine ganze Woche, bis der Account gesperrt wurde.

Wer sich das Procedere ansieht, mit dem man solche Twitter-Nutzer melden kann, merkt bald: Das mag bei einem einzelnen Pöbler gehen. Es hilft aber nicht, wenn sich ein Schwall an Hass über jemanden ergießt wie in den letzten Stunden über Caroline Criado-Perez:

Und das scheint dem Unternehmen auch durchaus bewusst zu sein:

Zum Vergleich: Bei Facebook gibt es bereits an jedem einzelnen Post die Möglichkeit, ihn schnell und einfach zu melden. Auf dem iPhone hat Twitter mit dem jüngsten Update eine ähnliche Funktion eingeführt. Als Begründungen kann man „Spam“ angeben, „Beleidigung“ oder die Vermutung, dass ein Account gehackt wurde; einen Grund wie „Hate Speech“ gibt es nicht. Und wer Twitter am PC nutzt, muss weiterhen den umständlichen Weg gehen.

Eine Petition, die Twitter auffordert, den vereinfachten Meldemechanismus auf allen Plattformen anzubieten, hat derzeit rund 15.000 Unterzeichner. Wenn das in der Woche bis zum 4. August nicht passiert, muss sich Twitter wohl auf einen Tag beredtes Schweigen einstellen.