Kontrastreicher Monat, der Mai. Erst die re:publica, wo man als Onliner hinfährt, weil da viele sind wie man selber. Dann das Forum Lokaljournalismus, wo man als Onliner hinfährt, weil nicht. Die Bilanz zur #rp:13 gibt es hier, fehlt noch die zum #folo2013.
Der Auftakt war gut gewählt. Es macht Spaß, dem Phänomen Giovanni di Lorenzo zuzuhören (und sich nebenbei zu fragen, ob das Phänomen ein anderes wäre, wenn er „unumkehrbar“ sagen würde statt „irreversibel“, „vorwegnehmen“ statt „antizipieren“ und „Bräuche“ statt „Usancen“). Aber wenn zu den Machern von tagesaktuellem Lokaljournalismus jemand von einer überregionalen Wochenzeitung spricht, dann ist das Ergebnis zwar eine Motivationsrede, nach der man etwas aufrechter auf dem Stuhl sitzt. Es erinnert aber auch an reihenweise zu oft gehörte Verallgemeinerungen und schiefe Analogien.
An „Dass die Paywall funktioniert, zeigt ja die New York Times“. An „Diese animierte Infografik heute bei Spon, Rundgang durchs Weiße Haus – sowas brauchen wir auch, das bauen wir nach!“ An „…und dann machen wir das wie der Guardian“. Das sind alles tolle Medienhäuser. Aber deren Kerngeschäft ist, ohne eins von beiden auf- oder abzuwerten, nicht unseres. Das war bei der Diskussion nach dem di-Lorenzo-Vortrag ja dann zumindest kurz auch Thema: Wo informieren sich meine Leser noch außer bei mir? Muss ich der nächste sein, der auch noch mal die große Afghanistan-Reportage macht? Konzentrier ich mich ganz aufs Lokale? Oder riskiere ich dann, ins Provinzielle zu rutschen?
Davon hätte das Folo mehr brauchen können – anstelle einer Reihung von Versuchen, vom Überregionalen aufs Lokale zu schließen. „Ich wundere mich, dass ich zum Thema Lokaljournalismus eingeladen wurde“, gestand Karl-Heinz Ruch (taz).
Gerade von einem Forum Lokaljournalismus wünsche ich mir also fürs nächste Mal: Best Practice, aus dem Lokalredaktionsalltag. Erfolgreiche Neuerungen vorstellen, kleinteilig: Das haben wir gemacht, mit diesen Leuten, so sah der Alltag aus. Da hat es gehakt, das hat es gekostet – und so fanden es die Leser. Projekte im Porträt, gerne mit Steckbrief. Weniger Schlagwörter, mehr Werkstatt.
Ach so, und das beiläufige Online-Bashing, das Ich-spotte-aufs-Netz-und-krieg-Applaus, das lassen wir 2014 dann ganz hinter uns, ne? War diesmal schon besser als 2012, aber Sätze wie „Die Wächterfunktion lässt sich nicht an Twitter delegieren“ hinterfragen wir nächstes Jahr bitte auch genauer, und zwar zweifach: 1.: Hat das denn irgendwer behauptet? Und 2.: Können wir, anstatt einen Kanal (Twitter) und ein Handwerk (Journalismus) zu vergleichen, vielleicht einfach mal entspannt zugeben, dass die sich gut ergänzen? Spätestens seit #aufschrei hat ja jetzt jeder mindestens einmal mitbekommen, wie ein Missstand bei Twitter thematisiert wurde – und erst daraufhin sich auch Journalisten des Themas angenommen haben. Wächterfunktion, anyone?
Dankenswert: das Foto hat Sandra Schink gemacht, die kann sowas.
Lesenswert: die Folo-Bilanz von Thomas Schroeter