Ostern in Moskau, mit Besuch, und der Besuch mit Kind. Da wächst der Ansporn, ein paar russische Ostertraditionen zu präsentieren. Der Osterkuchen „Kulitsch“ (wie Panettone, nur trockener, dafür mit Zuckerguss und Zuckerstreusel) braucht Begleitung. Traditionell gehört zu einem russischen Ostertisch darum пасха, gesprochen PAS-cha, mit einem ch wie in „Bach“. Das ist insofern praktisch, als Пасха mit großem П auch das Wort für Ostern selbst ist.
Eine große Portion Ostern zu Ostern soll es also geben. Dazu brauchen wir Butter, Zucker, Hüttenkäse bzw. Quark, Eigelb, Vanillezucker, Rosinen und Sahne. Leicht sind hier weder die Zutaten noch die Herstellung, denn man braucht besonderes Equipment.
Zwei Dinge musste ich extra kaufen: im Supermarkt eine spezielle Pascha-Form aus Plastik zum Zusammenstecken, und in der Apotheke Mull, um die Form damit auszulegen. Schließlich verarbeiten wir hier weitgehend Zucker und Fett, das Ergebnis wird also kleben.
Der Mull soll dafür sorgen, dass die Pascha zwar die Muster der Form annimmt (einen Kirche, eine Taube, ein orthodoxes Kreuz und die kyrillischen Buchstaben ХВ für „Christus ist auferstanden“), aber doch im Ganzen aus der Form herauskommt.
Am Ende steht, hoffentlich, eine Art Pyramide ohne Spitze, ein oben abgeflachter Berg. Die Süßspeise soll nämlich an Golgatha erinnern, den Hügel, auf dem Jesus gekreuzigt wurde. Seltsam, sowas auf dem Tisch stehen zu haben? Vielleicht, aber auch nicht seltsamer als ein Christstollen, der in Form und Farbe an das eingewickelte Jesuskind in der Krippe erinnern soll.
Doch ehe hier ein neutestamentarischer Kreuzigungshügel aus Kalorien entstehen kann, müssen erst mal alle Zutaten schön zusammengematscht werden. Den Mull so in die Form legen, dass die Falten möglichst innen an den Kanten entlanglaufen. Die Masse einfüllen, festdrücken, oben den Mull zusammenschieben. Mit einem Teller drunter und einem Gewicht obendrauf, kommt das Ganze dann in den Kühlschrank, am besten für ein, zwei Tage. In der Zeit muss man gelegentlich die Flüssigkeit abgießen, die aus der Pascha heraussickert.
Endlich Ostersonntag und damit Zeit, das Ding zu stürzen. Der Mull lässt sich leicht abziehen und gibt dem Akt einen Hauch von Enthüllungsfeierlichkeit. Das Probeessen ergibt: süß, cremig, macht glücklich. Frohe Ostern allerseits! Wer will noch ein Stück Golgatha?
Wie großartig! Das will ich seit 25 Jahren probieren, seit eine englische Freundin mir nach ihrem Studienjahr in Russland davon erzählte. Verrätst du, nach welchem Rezept du Pascha gemacht hast? (Die Form habe ich bereits in hiesigen russischen Läden gesehen, allerdings aus Weißblech.)
Na klar: Du brauchst 400g Quark, 160g Butter, 80g Sahne, 160 g Zucker, ein Päckchen Vanillezucker, zwei Eigelb und, wenn du willst, Rosinen. Dann verrührst du alles bis auf die Sahne, die wird geschlagen und am Schluss untergehoben. Das kommt dann alles in die Form, die kopfüber auf einem Teller steht. Wichtig: Wirklich einen Teller nehmen, kein Brettchen – denn du beschwerst die Masse dann oben und presst so, während sie fest wird, unten ein wenig Flüssigkeit raus. Im Kühlschrank über Nacht fest werden lassen und vor dem Servieren stürzen. Schmeckt besonders gut auf Weißbrot.