Noch gut zwei Monate bis zum Umzug, das heißt: Schredderfestspiele! Manche Ordner voll Papier hätten gar nicht erst in diese Wohnung gemusst, in die nächste kommen sie definitiv nicht mit. Gehaltszettel von einem lukrativen, in britischen Pfund bezahlten Freienjob, der so schön von der Diplomarbeit ablenkte. Frühdienst-Checklisten aus der Redaktion, die mal DerWesten hieß. Die Bescheinigung, an einem Seminar über „Medienkonvergenten Journalismus“ teilgenommen zu haben. Aktenordner als Zeitkapseln.
Dazwischen ein Briefkopf, schon damals in Magenta: Am 28. August 2002 meldet sich T-Online und weist höflich darauf hin, dass es nicht nur „ein zuverlässiger und leistungsstarker Internet-Service-Provider“ ist, sondern auch seine Tarife geändert hat. Mein „Surftime 90“ kostet im Zukunft nur noch 39,95 Euro im Monat, vorher waren es 40,30.
Der Tarif heißt so, weil man für diese Summe 90 Stunden online sein darf – pro Monat. Nach heutiger Nutzung wäre da nach einer guten Woche Schluss – always on und so. Ansonsten nehmen die AGB mich als Nutzerin an die Hand und führen mich sanft auf den Weg der digitalen Vernunft: Es gibt eine Backup-Pflicht (Punkt 6.6.3) und auch eine Pflicht, sein Passwort in regelmäßigen Abständen zu ändern (Punkt 6.3.1).
Punkt 6.5 schließlich erklärt die Sache mit der Inbox, die hier Postkorb heißt: „Der Kunde hat sicherzustellen, dass er seinen eMail-Postkorb regelmäßig überprüft, damit der Speicherplatz seines eMail-Postkorbs jederzeit für eingehende eMails ausreicht und er rechtzeitig von den eingehenden Inhalten Kenntnis erlangen kann.“ Ein Satz irgendwo zwischen Fürsorge und Oldschool-Suchmaschinenoptimierung.
Ehe das Schreiben in den Schredder geht noch ein letzter Blick auf die Preisliste: E-Mail, Verzeihung: eMail ist in den 39,95 Euro inklusive, mit 5 MB Speicherplatz. Nur bitte nicht zu eifrig schreiben, sonst muss der leistungsstarke Internet-Service-Provider meines Vertrauens bremsen: „Der Nutzer kann innerhalb von 24 Stunden höchstens 100 eMails versenden. Pro 30 Kalendertage dürfen jedoch nicht mehr als 1000 eMails versandt werden. Werden beim Versand von einer eMail-Adresse oben genannte Obergrenzen überschritten, werden diese eMails insgesamt nicht zugestellt. Der Versender wird hiervon benachrichtigt.“
Immer vorausgesetzt, er hat seinen Postkorb ordentlich aufgeräumt.
Schöne Reise in die Vergangenheit. Das waren noch Zeiten. Internet um die 00er war doch was besonderes…