Das ultimative Ballett-in-Moskau-Besuchsprogramm

Reisen bildet selbst dann, wenn es andere manchen. Gerade war zum zweiten Mal eine Freundin zu Besuch hier in Moskau, die sich Ballett nicht nur anschaut, sondern auch selber tanzt. Eine Chance, sich mitreißen zu lassen und Fragen zu stellen.

Okay, ein bisschen Ballettwissen sammelt sich in Russland ohnehin an, einfach weil das hier als Kunstform viel präsenter ist als anderswo. Seit dem Umzug nach Moskau habe ich mehr Tanzaufführungen gesehen als im kompletten Leben vorher zusammen. Zusammen mit dem erklärbegabten Besuch (Danke, Katharina!) reicht es inzwischen schon für Party Small-Talk („..die russischen Tänzer springen ja auch viel höher“)  – und eben für diese Liste, mit der man ballettbegeisterte Moskaugäste glücklich macht.

1. Eine Führung durchs Bolschoi-Theater

Ja, das Bolschoi ist die Ballett-Institution in Russland. Das weiß man dort auch sehr genau und kann darum Besuchern eine Mischung aus Kommunismus und Kapitalismus antun: Karten vorher kaufen oder zumindest reservieren geht nicht, also schön draußen anstehen wie zu Sowjetzeiten. Da selbst im Winter mehr Leute Interesse haben als die Führung Plätze, steht man ein Stündchen und bibbert.

Drinnen greift dann der Kapitalismus: Weil jedem klar ist, dass Touristen wahrscheinlich nur diese eine Chance für einen Besuch haben, kostet die englischsprachige Führung geschmeidige 1300 Rubel pro Kopf – im Vergleich zu 500 Rubeln für die russische.

Bolschoi-Theater Führung Probe

Drinnen ist es dann genau so, wie man es sich vorstellt: opulent, majestätisch, historisch, plüschig. Viel Gold, viel Rot, Freitreppen, Samtvorhänge, Parkettböden und die Chance, vielleicht auch kurz eine Probe mitzuerleben. Hauptsache pssst, und na gut, ein Foto ist erlaubt, wenn man es leise hinbekommt.

2. Stöbern und Shoppen bei Grishko

Als Uneingeweihte wusste ich das vorher nicht, aber Grishko ist so ein Wort, bei dem Tänzer Sternchen in den Augen bekommen. Die Spitzenschuhe sind berühmt, die Unternehmengeschichte lesenswert und die Läden auch für Nicht-Tänzer schon wegen der Inszenierung den Besuch wert: auf der einen Seite gestapelte Kartons voller Schuhe, wild mit Edding beschriftet. Auf der anderen ein einzelnes Paar in einer Vitrine, sanft ausgeleuchtet, so dass der Satin glänzt. Und dann erst die Kostüme! 

Grishko Ballettkleidung

Die Hauptfiliale an der Metro-Haltestelle Proletarskaja hat auch eine Ballettstange mit Spiegel, für die Spitzenschuh-Anprobe. Wer nicht so weit rausgondeln will, findet aber auch im Laden an der Smolenskaja ein gutes Sortiment.

3. Eine Ballett-Stunde

Das muss ein bisschen wie die erste Probe mit einem neuen Chor sein: Haben die interessantere Einsingübungen als ich sie kenne? Wie ist der Umgang miteinander? Worauf achtet der Dirigent und was lässt er durchgehen? Was können die so und wie pass ich da rein – oberes Drittel, unteres, irgendwo in der Mitte?

Mein Besuch war zum Tanzen zweimal bei „Dance Secret“ und beide Male zufrieden. Auf dem Stundenplan stehen dort regelmäßig offene Klassen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, das Video gibt so ab Minute 2.30 eine ganz gute Vorstellung:

Interessant fand ich vor allem, dass Ballett-Übungen und -Begriffe so international sind, dass man solch eine Stunde auch ohne große Russischkenntnisse mittanzen kann. Wie das im Detail abläuft, dazu hier mehr.

4. Ein Besuch in der Wohnung von Galina Ulanowa

„Museum? Hier ist kein Museum.“ Zwei unwirsche Pförtnerinnen, irgendwo zwischen Zerberus und Xanthippe, hüten den Eingangsbereich des Hochhauses. Es ist eines von Stalins Sieben Schwestern, zu Sowjetzeiten wohnten hier diverse Berühmtheiten und an der Fassade hängt, ach guck, eine Gedenktafel für die Ulanowa, die immerhin zwei Jahrzehnte am Bolschoi getanzt hat.

Mit aller Russland-Erfahrung hilft da nur, sich nicht abschrecken zu lassen und, ganz deutsch, darauf zu vertrauen, dass ein am Telefon verabredeter Besichtigungstermin auch gilt. Und tatsächlich: Bis zwölf Uhr sind noch mehr Besucher da, dann kommt ein Mensch aus dem Aufzug und holt uns ab. Die Augen der Pförtnerinnen schwenken mit.

galina ulanowa

Oben sind die meisten Zimmer noch heute so, wie die Ulanowa sie bis in die Neunziger bewohnt hat, nur in einem Zimmer stehen Vitrinen mit ihren Kostümen, Schuhen, Tiaras. Dokumente einer internationalen Ballettkarriere, dazwischen Rokoko-Möbel, Kitsch und Nippes.

Man bekommt ein Gefühl dafür, wie es war, in der Sowjetunion zur Elite zur gehören, reisen zu dürfen und mehr als hundert Quadratmeter zu bewohnen. Die Tour ist auf Russisch, aber auch hier gilt wieder: Viele Begriffe sind eh international, und der Rest erschließt sich auch ganz gut aus dem Kontext.

5. Eine Aufführung des Ballet Moskwa

Damit das Besuchsprogramm vor lauter Geschichte und Tradition nicht zu altmodisch wird, lohnt sich ein Besuch bei einem modernen Ballettabend. Über Freunde ist ein Kontakt zum Ballet Moskwa entstanden, wo ich seitdem schon einige Male war. Plüsch und Rüschen gibt es hier keine, manche der Aufführungsorte haben den Charme von Schul-Aulas. Einerseits.

Foto: Rust2D
Foto: Rust2D

Andererseits sind die Inszenierungen abstrakter und dadurch oft überraschender, der Tanz legt mehr Wert auf Athletik als auf Anmut, die Musikauswahl reicht von modernisiertem Vivaldi bis Techno. Es fühlt sich an wie mehr Risiko, was da auf der Bühne passiert, und das tut der Aufführung gut. „Egopoint“ (siehe Foto) und „Tristan und Isolde“ lohnen sich aus dem aktuellen Programm besonders.

6. Eine Aufführung im Bolschoi

Was für Führungen gilt, gilt auch für Aufführungen: Karten dafür sind hier nicht ganz einfach zu bekommen und auch recht teuer. Außer, man studiert noch – eine Freundin erinnert sich, dass sie während ihres Moskau-Auslandssemesters Bolschoi-Tickets für 100 Rubel hatte.

Wir saßen in der zweiten Loge auf mittelguten Plätzen, hatten also einen Blick auf den Innenraum und seine Architektur, das Publikum, den Orchestergrabens und etwa 85 Prozent der Bühne. Kein Problem bis zu dem Moment, in dem die Kameliendame sich genau in unserem toten Winkel anschickte, zu sterben.

Bolschoi-Theater Saal

Aber wie in der Oper wird auch im Ballett gerne ausgiebig gestorben, in diesem Fall etwa 20 Minuten lang und quer über die ganze Bühne hinweg. Kein Problem also mit den Sitzplätzen – ganz abgesehen davon, dass das Bolschoi-Orchester und seine extrem gute Pianistin mindestens genau so viel zum Abend beigetragen haben wie die Tänzer. Und die Akustik war bei uns wirklich super.

7. Eine Aufführung im Stanislawski-Theater

Moskauer Akademisches Musiktheater Stanislawski und Nemirowitsch-Dantschenko“ ist eventuell ein ganz klein bisschen weniger griffig als „Bolschoi“. Es ist außerdem ein bisschen weniger berühmt, ein bisschen weniger zentral gelegen und ein bisschen weniger teuer. Bei der Qualität der Tänzer hingegen muss man schon sehr genau hinsehen oder viel Ahnung haben, um Unterschiede auszumachen.

stanislawsky esmeralda

Kann sein, dass das Repertoire hier ein bisschen populärer ist. Die „Esmeralda„, die wir hier gesehen haben, war jedenfalls ein großes Schwelgen in Gruppenszenen und Kostümwechseln. Augenzucker, auch tänzerisch. Wer also einfach ein gutes Ballett sehen will und keinen Wert legt auf den Bolschoi-Mythos, der ist im Stanislawski richtig.

9. Mai 2015

Manchmal ist es gut, wenn einem Leute den Blick auf die paradierenden Panzer verstellen. Stattdessen Gespräche mit den anderen Zuschauern, die auch nicht mehr sehen können. Zwei Russen, die frotzeln: „Sie sind Deutsche und verstehen Russisch? Sind Sie eine Spionin?“ Ein Hauch von Stolz, als das Russisch zum Zurückfrotzeln reicht: „Klar, das hier (der Jackenknopf) ist ein kleines Mikrofon.“

Ein Stück weiter steht eine Gruppe junge Männer in blauen Anzügen, angereist aus einer Stadt, deren Namen keiner von uns versteht, auch nicht im zweiten und dritten Anlauf. Egal. Sie haben Schilder mit Fotos ihrer Großväter dabei, die vor 70 Jahren im Krieg gekämpft haben.

„Wir sind kein Militär, wir sind Ingenieure“, betont einer von ihnen. Sie sind extra angereist zur Parade, die inzwischen fast vorbei ist. Zeit, gemeinsam nach oben zu gucken.

Was man von Moskauer Bloggern alles lernen kann

red square diorama

Eigentlich sollte das hier eine schön ausformulierte Blogparade werden, detailliert und einordnend. Das Ergebnis war sehr lang, sehr öde und für Leser mutmaßlich auch nur halb nützlich. Mehr Gerümpeltotale als Schaufenster.

Darum hier stattdessen eine kleine Link-Kollektion, als Anregung zum Weiterstöbern. Ein Klick pro Blog (mit einer Ausnahme, weil die Saga vom Oligarchen einfach zu gut ist), von langem Atmosphärenstück bis zum Kochrezept. Was man so erfahren kann, wenn man Moskauer Blogs liest.

Wie man sich einen Oligarchen angelt (streng dienstlich). ♦ Was der Ukraine-Konflikt mit zwei Schwestern macht. ♦  Woran man merkt, dass man sich an den Alltag hier angepasst hat. ♦  Was sich heute schon über die Zeit nach Putin sagen lässt. ♦ Wie sich der Oligarch und seine Freundin in Sibirien die Zeit vertreiben. ♦  Wie man beim Lebensmittel-Einkauf nie wieder ins Stottern kommt. ♦ Was sich gerade in der Stadt an Kultur tut. ♦ Wie Staatsmedien Ressentiments schüren – und damit nicht alleine sind. ♦ In welch grazilen Posen Sowjet-Mode mal präsentiert wurde. ♦ Was der Oligarch macht, wenn er Hunger auf Lammfleisch hat. ♦ Wie hier die Kulturszene auf Linie gebracht wird. ♦ Was passiert, wenn man am Flughafen mit weißem Pulver in der Manteltasche erwischt wird.Was sich bei einer alltäglichen Metrofahrt alles Bemerkenswertes entdecken lässt. ♦ Wie einige Russen zu ihrem Personal stehen. ♦ Wie schmerzhaft es ist, wenn man versucht, schwarz Metro zu fahren. ♦ Was für Abschiedsfotos entstehen, wenn man dem Oligarchen Adieu sagt. ♦ Wie man mit kleinem Kind in Moskau Wurzeln schlägt. ♦ Was das Beste am russischen Frühstück ist. ♦ Wie die Monate früher in Russland hießen.  ♦ Warum man auch Oligarchen immer zweimal begegnet.

Osterbesuch mit Kindern in Moskau

Was man so lernt, wenn Besuch mit vielen Kindern nach Moskau kommt: Dass die Menschen in der Metro und im Bus aufstehen, manchmal sogar aufspringen, um ihre Sitzplätze anzubieten. Dass den Moskauer Stadtplanern hingegen Kinder genau so egal sind wie Rollstuhlfahrer oder alte Menschen – kaum Ampeln, dafür Unterführungen; kaum Rampen, dafür Treppen. Dass man darum im Idealfall nur so viele Kinder bei sich haben sollte, wie man tragen kann.

Dass, wer bei einstelligen Plusgraden einem zufriedenen Kind mit warmen Händen und Ohren keine Mütze aufnötigt, alle paar hundert Meter von russischen Frauen in international verständlichen Vorwurfsgesten getadelt wird. Weht zusätzlich ein leichter Wind, stimmen auch russische Männer mit ein. Kinder, die einen Fünf-Meter-Radius um ihre Eltern verlassen, bekommen von anderen Spielplatzbesuchern auch schon mal die offene Jacke zugemacht.

Dass georgisches Essen (Chatschapuri! Auberginenröllchen! Schaschlik!) und usbekisches Essen (Hummus! Manti! Schaschlik!) über Generationen hinweg konsenstauglich ist. Dass die Rutsche vorm Haus echt für Babys ist, die kann man ja rauflaufen.

Dass nach einer gemeinsamen Woche die ersten russischen Worte beim Kinderbesuch hängen bleiben (iswinitje und spasibo, gottseidank). Und dass man „Stimmt es, dass in Russland Ostereier mit Zwiebelschalen gefärbt werden?“ mit ein bisschen Geschick abbiegen kann in Richtung einer deutlich einfacheren, unterhaltsameren Variante.

Regeneration

Regeneratia

Wenn sich die Fahrkartenverkäuferin ungefragt Mühe gibt und erklärt, warum man nicht dieses Ticket möchte, sondern ein anderes, günstigeres. Wenn am Ziel nicht nur die Sonne scheint und der Himmel blaut, sondern auch eine Kapelle in Matrosenuniform aufspielt. Wenn von einem sowjetischen U-Boot, das hier draußen dockt, bunte Wimpel flattern und Kinder rein- und rausrennen.

Wenn einem all das auffällt, merkt man erst, welche Erwartungshaltung sich während des langen russischen Winters festgesetzt hat. Es braucht eine bewusste Entscheidung, heute einfach mal zu glauben, dass das Leben auch anders sein kann – einfacher, leichter, lichter. Dann ist man auch gar nicht mehr so überrascht, dass gerade an diesem Tag der Tag der Russischen U-Boot-Flotte ist, also der Eintritt ins kleine Museum kostenlos und das Boot selbst ausnahmsweise ohne Voranmeldung geöffnet.

„Nowosibirsk Komsomoletz“ war ab Anfang der Achtziger fast 20 Jahre im Einsatz; 2003 wurde es in den Norden Moskaus geschleppt und zeigt seitdem im Stadtteil Tuschino sein Innenleben: Torpedos im Torpedoschacht, Schaufensterpuppen in Matrosenposen, aber vor allem Bedienelemente. Hebel und Räder und Knöpfe und Schalter, an denen „Manöver“ steht, „Stop“ oder auch schon mal „Regeneration“, was ein bisschen nach den Borg klingt.

Dass draußen auf einer Bank am Boot später dann noch ein älterer Herr sitzt, der mit Ahnung und Geduld für den kleinen Wortschatz erzählt („…und dann hat Peter der Große ein Papier genommen und geschrieben: Russland soll eine Flotte haben“) – kaum noch eine Überraschung. Heute läuft’s halt. Ja, er sei auch bei den russsichen Streitkräften gewesen – er zieht den Mantel ein wenig von der Brust weg, so dass man darunter bunte Ordensspangen sieht.

Auch Marine also? Nein, bei seiner Einheit haben man sich beschäftigt mit… es folgt ein fremdes Wort. Auf Nachfrage hält er die Hand erst ans Ohr, dann flach oberhalb der Augen: „Wir haben zugehört, und wir haben zugeschaut.“

Moskauer Warenkorb, Februar 2015

"Masleniza" heißt auch "Pfannkuchenwoche". Süße. Herzhafte. Blini. Aladuschki. Alle gut.
Die Masleniza heißt auch „Pfannkuchenwoche“. Süße. Herzhafte. Blini. Aladuschki. Alle gut.

Die fetten Tage sind vorbei. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn nach Masleniza, der Butterwoche, ist nun Fastenzeit. Was in Russland eine ziemlich lange Liste an verbotenen Speisen bedeutet, von Fleisch und Fisch über Eier bis hin zur Butter.

Für Vegetarier (und bloggende Vegetarier-Partnerinnen) hat das erfreuliche Nebenwirkungen: Selbst im schrabbeligsten Restaurant gibt es eine eigene Fastenzeit-Karte; der Wunsch, kein Fleisch zu essen, ruft plötzlich weder Mitleid (hat’s Dir der Arzt verboten?) noch perplexes Kopfschütteln hervor. Beim Stöbern im Online-Supermarkt stoße ich auf Joghurt mit Rote-Bete-Geschmack und auf Tofu, allerdings unter dem Tarnnamen „Sojakäse“. Das ist definitiv neu, Tofu war dort zuletzt im Spätsommer 2014 zu kriegen.

Bemerkenswert ist in diesem Fastenmonat nicht nur, dass die ersten russischen Regionen gerade Lebensmittelmarken eingeführt haben. Oder die Prognose, dass Russen bis Jahresende möglicherweise die Hälfte ihres Gehalts für Lebensmittel ausgeben werden. Unmittelbar auf den Warenkorb wird sich wahrscheinlich die Entscheidung der großen Supermarktketten auswirken, die Preise für 20 Grundnahrungsmittel zu deckeln. Auch Perekrestok, wo die Zahlen für diesen Blogpost herkommen, hat sich dazu verpflichtet.

Supermarktpreise:

Möhren für 65 Rubel/Kilo (Januar: 59,90)
Tomaten für 129 Rubel/Kilo (Januar: 269,00)
Weißkohl für 45 Rubel/Kilo (Januar: 46,90)
Äpfel für 71 Rubel/Kilo (Januar: 69,90)
Birnen für 119 Rubel/Kilo (Januar: 119,00)

Milch (2,5%) für 72 Rubel/Liter (Januar: 60)
Butter für 25 Rubel/100g (Januar: 45)
Brie für 339 Rubel/100g (Januar: 142)

Hähnchenbrust für 209 Rubel/Kilo (Januar: 199)
Schweinekotelett für 469 Rubel/Kilo (Januar: 379)

Utkonos, der Online-Händler, hat sich nicht dazu verpflichtet, irgendwelche Preise einzufrieren. Das wird also im kommenden Monat interessant, ob sich da bei Ladenlokal- vs Browsereinkauf Preise für manche Lebensmittel auseinander entwickeln. Bisher sieht es jedenfalls so aus:

Onlinehändlerpreise:

Kartoffeln für 46,90 Rubel/Kilo (Januar: 43,90)
Zwiebeln für 53 Rubel/Kilo (Januar: 42,50)
Gurken für 299 Rubel/Kilo (Januar: 237,00)
Zucchini für 236 Rubel/Kilo (Januar: 349,00)
Auberginen für 283 Rubel/Kilo (Januar: 499,00)
Rote Bete für 35,50 Rubel/Kilo (Januar: 39,00)
Eisbergsalat für 138 Rubel/Stück (Januar: 148,00)
Kohlrabi für 299 Rubel/Kilo (Januar: 349,00)

Zitronen für 139 Rubel/Kilo (Januar: 147)
Mango für 385 Rubel/Kilo (Januar: 389)
Bananen für 125 Rubel/Kilo (Januar: 89)
Orangen für 108 Rubel/Kilo (Januar: 105)
Grapefruit für 112 Rubel/Kilo (Januar: 99)
Kiwi für 175 Rubel/Kilo (Januar: 189)

Milch für 70,53 Rubel/Liter (Januar: 64,21)
Butter für 52,22 Rubel/100 g (Januar: 52,22)
Graubrot, geschnitten, für 82,5 Rubel/Kilo (Januar: 82,5)
Toastbrot für 90,60 Rubel/Kilo (Januar: 90,60)

Rinderhack für 446 Rubel/Kilo (Januar: 494)
Ganzes Hähnchen 150,00 für Rubel/Kilo (Januar: 150,00)
Durchwachsener Speck für 556,00 Rubel/Kilo (Januar: 556,00)

Kabeljau (TK) für 236 Rubel/Kilo (Januar: 236,00)
Lachssteak (TK) für 746,67 Rubel/Kilo (Januar: 640)

Wie man sieht, bleibt Brie der Haupt-Preistreiber beim Supermarkt-Einkauf. Ein einsames Stück aus der Schweiz lag da noch in der Käsetheke, 138,7 Prozent teurer als im Januar, sogar 247,7 Prozent im Vergleich zum August, als das Importverbot erlassen wurde. Deutlich preiswerter als im Vormonat sind Tomaten (-52 Prozent) und Butter (-44 Prozent). Auf den Gesamtzeitraum gerechnet legt allerdings der Weißkohl den steilsten Preisanstieg hin: von 10 Rubel im August auf heute 45, das sind 350 Prozent. Insgesamt ist der Supermarkt-Einkauf 7,3 Prozent teurer geworden.

Online ist der durchschnittliche Preisanstieg mit nur 0,5 Prozent gering, trotz Ausreißern wie Bananen (40,4 Prozent), darum diesmal ein Blick auf die Lebensmittel, deren Preis von Januar auf Februar konstant war: Butter, Grau- und Toastbrot, Hähnchen, Speck und Kabeljau. Sollte da jemand, ganz ohne öffentliches Verkünden, auch ein paar Preise gedeckelt haben?

Das Kleingedruckte: Der Moskauer Warenkorb ist nicht repräsentativ.

Sowjetische Kindheit

Neues Theme*, neuer Galerie-Look. Alle Fotos sind aus der Ausstellung „Sowjetische Kindheit“ im Museum für Moskauer Stadtgeschichte, das ansonsten die Architektur und den Unterhaltungswerk eines beliebigen Parkhauses in meiner Heimatstadt Hilden hat**. Aber diese Ausstellung hier lohnt sich dann doch und läuft noch bis zum 15. März.

* Sparkling von ColorLib.

** Der Vergleich ist natürlich polemisch und unangebracht. Im Parkhaus an der Eisengasse zum Beispiel kann man in einen historischen Brunnenschacht blicken, mit Beleuchtung, das ist gar nicht so uninteressant.

Fifty Shades of Moskau

Mausgrau, Staubgrau, Aschgrau. Moskau hat, nicht nur im Winter, viele Grautöne zu bieten. Die folgende Idee zum Filmstart von „Fifty Shades of Grey“ bot sich also an. Das Ziel war dabei auch, zu zeigen, dass grau und öde nicht dasselbe ist. Grau kann opulent sein, wie die Tapete in Breschnews Haus, oder warm wie der Untergrund, auf der die Schnecken beim Datscha-Besuch herumschnecken.

Außerdem habe ich bei der Umsetzung öfter über Freunde und Kollegen nachgedacht und über die Freude, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Die Idee entstand im Gespräch mit Lars Wienand, Peter Schink hat bei der Umsetzung geholfen, Fotos kamen von Moskauer Freunden und früheren Moskau-Besuchern (alle Bildhinweise hier), der Code ist von Sara Soueidan. Die wenigsten von ihnen stehen auf der Gehaltsliste der Moscow Times, aber sie hatten Spaß an der Idee und ihrer Verwirklichung. Dafür danke in alle Richtungen!

Moskauer Warenkorb, Januar 2015

birnen januar supermarktAch guck, es gibt wieder preiswerte Birnen im Supermarkt. Die sehen zwar aus, als hätten sie gerade den Großen Vaterländischen Krieg hinter sich gebracht, aber gut.

Ansonsten war der Januar der Monat, in dem das Lebensmittel-Einfuhrverbot zu diversen dämlichen Politiker-Statements geführt hat. Das Spektrum reicht von Marie Antoinette („Dann esst halt weniger„) bis Mimimi („Das subventionierte Essen in unserer Kantine für Besserverdienende ist jetzt nur noch 63 Prozent billiger als auf dem freien Markt, vorher waren es 86 Prozent„).

Immerhin haben sich ein paar Dezember-Preistreiber nach unten korrigiert, nicht nur die Birnen, auch der Kabeljau. In der Käsetheke liegt zumindest wieder eine Sorte bezahlbarer Schimmelkäse, der hier mal großzügig unter „Brie“ geführt wird – auch wenn die Käsefachverkäuferin nicht sicher war, ob es auch welcher ist. Unter den Sachen, die teurer geworden sind, ist dagegen auch klassisches, nicht importiertes Wintergemüse wie Weißkohl oder rote Bete.

Der Supermarkt-Teil des Warenkorbes ist von Dezember auf Januar etwas günstiger geworden (7,3 Prozent). Birnen, Brie, Fleisch – einiges war kurz vor Silvester noch deutlich teurer. Am grundsätzlichen Trend ändert das aber nichts: Den Moskauer Warenkorb gibt es seit August, in dem Zeitraum sind die Supermarkt-Einkäufe insgesamt 123,3 Prozent teurer geworden.

Supermarktpreise:

Möhren für 59,90 Rubel/Kilo (Dezember: 69)
Tomaten für 269,00 Rubel/Kilo (Dezember: 165)
Weißkohl für 46,90 Rubel/Kilo (Dezember: 39)
Äpfel für 69,90 Rubel/Kilo (Dezember: 94)
Birnen für 119,00 Rubel/Kilo (Dezember: 269)

Milch (2,5%) für 60 Rubel/Liter (Dezember: 57)
Butter für 45 Rubel/100g (Dezember: 36,11)
Brie für 142 Rubel/100g (Dezember: 329)

Hähnchenbrust für 199 Rubel/Kilo (Dezember: 429)
Schweinekotelett für 379 Rubel/Kilo (Dezember: 319)

Beim Online-Supermarkt Utkonos geht der Preisanstieg weiter, im vergangenen Monat um 8 Prozent. Die Preistreiber sind hier Rote Bete, Auberginen und Kartoffeln. Wer von sinkenden Preisen profitieren will, für den empfiehlt sich im Januar eine Speck-Gurken-Kabeljau-Diät.

Onlinehändlerpreise:

Kartoffeln für 43,90 Rubel/Kilo (Dezember: 32,00)
Zwiebeln für 42,50 Rubel/Kilo (Dezember: 33,00)
Gurken für 237,00 Rubel/Kilo (Dezember: 299,00)
Zucchini für 349,00 Rubel/Kilo (Dezember: 255,00)
Auberginen für 499,00 Rubel/Kilo (Dezember: 519,00)
Rote Bete für 39,00 Rubel/Kilo (Dezember: 22,50)
Eisbergsalat für 148,00 Rubel/Stück (Dezember: 148,00)
Kohlrabi für 349,00 Rubel/Kilo (Dezember: 265,00)

Zitronen für 147 Rubel/Kilo (Dezember: 123,00)
Mango für 389 Rubel/Kilo (Dezember: 315,00)
Bananen für 89 Rubel/Kilo (Dezember: 99,50)
Orangen für 105 Rubel/Kilo (Dezember: 94,00)
Grapefruit für 99 Rubel/Kilo (Dezember: 97,00)
Kiwi für 189 Rubel/Kilo (Dezember: 154,00)

Milch für 64,21 Rubel/Liter (Dezember: 58,13)
Butter für 52,22 Rubel/100 g (Dezember: 52,22)
Graubrot, geschnitten, für 82,5 Rubel/Kilo (Dezember: 82,50)
Toastbrot für 90,60 Rubel/Kilo (Dezember: 90,60)

Rinderhack für 494 Rubel/Kilo (Dezember: 398,00)
Ganzes Hähnchen 150,00 für Rubel/Kilo (Dezember: 158,00)
Durchwachsener Speck für 556,00 Rubel/Kilo (Dezember: 1010,00)

Kabeljau (TK) für 236,00 Rubel/Kilo (Dezember: 502,00)
Lachssteak (TK) für 640 Rubel/Kilo (Dezember: 640,00)

Das Kleingedruckte: In diesem Monat mussten wir uns leider von der Papaya verabschieden, Utkonos hat keine mehr im Sortiment. Und es gilt weiterhin: Der Moskauer Warenkorb ist nicht repräsentativ.

Moskaus Metro in Instagram-Bildern – das Making-of

Thinglink wollte ich schon lange mal für ein größeres redaktionelles Projekt testen (diese Newsmap aus der heißen Zeit des Ukraine-Konflikts war eher ein schnelles Nebenprodukt), und im nachrichtenarmen Dezember bot sich endlich eine Gelegenheit. Das Ergebnis kombiniert die Metro und Instagram – zwei Dinge, die die meisten Moskauer benutzen und viele von ihnen sogar lieben.

So zufrieden ich mit dem Ergebnis bin, der Weg dahin war unnötig steinig, und das lag an Instagram. Während Twitter und Facebook einem die redaktionelle Nutzung leicht machen, macht Instagram einem lieber Umstände. (Ein klein bisschen hoffe ich ja noch, dass ich mich einfach dumm angestellt habe und hier später in den Kommentaren nachlesen kann, wie einfach alles gewesen wäre. Aber selbst von Kollegen mit deutlich mehr Instagram-Erfahrung kam auf Fragen hin meist nur: „Nein, die Funktion gibt es wirklich nicht. Ja, das ist doof.“) Darum ein kleines Protokoll.

1. So schlicht und schön sich Instagram mobil nutzen lässt, so umständlich ist es im Browser. Einloggen, Fotos gucken, Fotos liken – viel mehr geht nicht auf Instagram.com. Keine Suchfunktion, auch die Hashtags unter den Fotos sind keine Links. Meh.

2. Zur Suche gibt es externe Dienste wie Iconosquare. Ein Foto der Haltestelle Kievskaya zu finden, geht also so: Bei Iconosquare „Kievskaya“ eingeben. Unter den Suchergebnissen ein Foto finden. Bei Iconosquare das Profil des Nutzers öffnen, der es gepostet hat. Den Nutzernamen rauskopieren und im Tab nebenan hinter Instagram.com/ einfügen. Runterscrollen bis zum Motiv. Motiv öffnen. Link rauskopieren und in Thinglink einbetten.

3. Nein, Thinglink hat im Gegegsatz zu Storify keine integrierte Instagram-Suche.

4. Ja, Moskau hat knapp unter 200 Metrohaltestellen. Nicht alle davon sind schön, aber doch viele.

5. Das unter 2 erwähnte Runterscrollen kann bei fleißigen Instagrammern länger dauern. Nützlich wäre eine Suchfunktion, die nur Posts aus einem bestimmten Zeitraum anzeigt; stattdessen bleibt nur klicken und scrollen, klicken und scrollen. Es empfiehlt sich darum, nur Bilder aus den letzten zwei Wochen zu verwenden. Oder aus Profilen, die noch keine vierstelligen Bilderzahlen gepostet haben. Aber find die mal, in Russland.

6. Auch via Iconosquare kann man Instagram immer nur nach einem einzelnen Hashtag durchsuchen, nicht nach einer Kombination. Wenn die Haltestelle also heißt wie eine Sehenswürdigkeit, der nahegelegene Park oder der ganze Stadtteil, kann die Recherche nach einem passenden Motiv auch schon mal eine halbe Stunde dauern. Bei Twitter würde ich einfach nach „#Sokolniki #Metro“ suchen. Bis dahin bleibt Instagram ein Tool, mit dem ich privat gerne rumspiele, das redaktionell aber eine bessere Benutzeroberfläche braucht.

Franziska Bluhm schreibt hier darüber, was für sie Instagrams Charme ausmacht und wo es noch von anderen lernen könnte.

Von Lars Wienand kam und Katharina Kierig kam der Hinweis auf Mixagram – und ja, das ist zwar noch im Werden, aber manchmal gelingen tatsächlich Suchen nach zwei Hashtags gleichzeitig.