Moskauer Warenkorb, Januar 2015

birnen januar supermarktAch guck, es gibt wieder preiswerte Birnen im Supermarkt. Die sehen zwar aus, als hätten sie gerade den Großen Vaterländischen Krieg hinter sich gebracht, aber gut.

Ansonsten war der Januar der Monat, in dem das Lebensmittel-Einfuhrverbot zu diversen dämlichen Politiker-Statements geführt hat. Das Spektrum reicht von Marie Antoinette („Dann esst halt weniger„) bis Mimimi („Das subventionierte Essen in unserer Kantine für Besserverdienende ist jetzt nur noch 63 Prozent billiger als auf dem freien Markt, vorher waren es 86 Prozent„).

Immerhin haben sich ein paar Dezember-Preistreiber nach unten korrigiert, nicht nur die Birnen, auch der Kabeljau. In der Käsetheke liegt zumindest wieder eine Sorte bezahlbarer Schimmelkäse, der hier mal großzügig unter „Brie“ geführt wird – auch wenn die Käsefachverkäuferin nicht sicher war, ob es auch welcher ist. Unter den Sachen, die teurer geworden sind, ist dagegen auch klassisches, nicht importiertes Wintergemüse wie Weißkohl oder rote Bete.

Der Supermarkt-Teil des Warenkorbes ist von Dezember auf Januar etwas günstiger geworden (7,3 Prozent). Birnen, Brie, Fleisch – einiges war kurz vor Silvester noch deutlich teurer. Am grundsätzlichen Trend ändert das aber nichts: Den Moskauer Warenkorb gibt es seit August, in dem Zeitraum sind die Supermarkt-Einkäufe insgesamt 123,3 Prozent teurer geworden.

Supermarktpreise:

Möhren für 59,90 Rubel/Kilo (Dezember: 69)
Tomaten für 269,00 Rubel/Kilo (Dezember: 165)
Weißkohl für 46,90 Rubel/Kilo (Dezember: 39)
Äpfel für 69,90 Rubel/Kilo (Dezember: 94)
Birnen für 119,00 Rubel/Kilo (Dezember: 269)

Milch (2,5%) für 60 Rubel/Liter (Dezember: 57)
Butter für 45 Rubel/100g (Dezember: 36,11)
Brie für 142 Rubel/100g (Dezember: 329)

Hähnchenbrust für 199 Rubel/Kilo (Dezember: 429)
Schweinekotelett für 379 Rubel/Kilo (Dezember: 319)

Beim Online-Supermarkt Utkonos geht der Preisanstieg weiter, im vergangenen Monat um 8 Prozent. Die Preistreiber sind hier Rote Bete, Auberginen und Kartoffeln. Wer von sinkenden Preisen profitieren will, für den empfiehlt sich im Januar eine Speck-Gurken-Kabeljau-Diät.

Onlinehändlerpreise:

Kartoffeln für 43,90 Rubel/Kilo (Dezember: 32,00)
Zwiebeln für 42,50 Rubel/Kilo (Dezember: 33,00)
Gurken für 237,00 Rubel/Kilo (Dezember: 299,00)
Zucchini für 349,00 Rubel/Kilo (Dezember: 255,00)
Auberginen für 499,00 Rubel/Kilo (Dezember: 519,00)
Rote Bete für 39,00 Rubel/Kilo (Dezember: 22,50)
Eisbergsalat für 148,00 Rubel/Stück (Dezember: 148,00)
Kohlrabi für 349,00 Rubel/Kilo (Dezember: 265,00)

Zitronen für 147 Rubel/Kilo (Dezember: 123,00)
Mango für 389 Rubel/Kilo (Dezember: 315,00)
Bananen für 89 Rubel/Kilo (Dezember: 99,50)
Orangen für 105 Rubel/Kilo (Dezember: 94,00)
Grapefruit für 99 Rubel/Kilo (Dezember: 97,00)
Kiwi für 189 Rubel/Kilo (Dezember: 154,00)

Milch für 64,21 Rubel/Liter (Dezember: 58,13)
Butter für 52,22 Rubel/100 g (Dezember: 52,22)
Graubrot, geschnitten, für 82,5 Rubel/Kilo (Dezember: 82,50)
Toastbrot für 90,60 Rubel/Kilo (Dezember: 90,60)

Rinderhack für 494 Rubel/Kilo (Dezember: 398,00)
Ganzes Hähnchen 150,00 für Rubel/Kilo (Dezember: 158,00)
Durchwachsener Speck für 556,00 Rubel/Kilo (Dezember: 1010,00)

Kabeljau (TK) für 236,00 Rubel/Kilo (Dezember: 502,00)
Lachssteak (TK) für 640 Rubel/Kilo (Dezember: 640,00)

Das Kleingedruckte: In diesem Monat mussten wir uns leider von der Papaya verabschieden, Utkonos hat keine mehr im Sortiment. Und es gilt weiterhin: Der Moskauer Warenkorb ist nicht repräsentativ.

Der Russe ist einer, der Softpacks liebt

Schon lange, bevor Putin mit seinem Einfuhrverbot Lebensmittel zu einem Russland-Thema gemacht hat, hat mich hier im Supermarkt etwas fasziniert. Schließlich kennt, wer seine Einkäufe bisher in Deutschland erledigt hat, das hier:

Handseife im Softpack 

Flüssigseife. Spüli. Sowas, sagt die Gewohnheit, gehört in diese Art von Verpackung. Und wie heißt die überhaupt? Sicher, dem Sinn nach ist das ein Nachfüllpack, und wer ihn direkt kauft, ohne etwas damit nachfüllen zu wollen, löst üble philosophische Fragen aus. Aber wie nennt sich die Form, wenn nicht nach der Funktion?

Gut, wenn man wen kennt, der wen kennt, der nicht nur als Kunde in den Supermarkt geht und darum die Antwort weiß: Softpack. Im Russischen muss das einer der häufigsten Begriffe überhaupt sein, denn hier sind sie ein bisschen kreativer, was die Verwendung dieser Verpackung angeht.

Sechs Softpacks aus dem russischen Supermarkt.
Sechs Softpacks aus dem russischen Supermarkt.
 
Von oben links nach unten rechts sind das hier softverpackte Waldpilzsoße, Meerrettich, Senf, Ketchup, normale Mayo und welche mit/aus Wachteleiern. Keine Tube, keine Flasche, kein Tetrapack, kein Schraubglas. Nur Softpack, das reine Softpack und nichts außer Softpack.

Ach so, sagte ich, sie seien hier „ein bisschen kreativer“ beim Einsatz von Softpacks? Ich meinte „deutlich kreativer“.

Und noch vier Softpacks aus dem russischen Supermarkt.
Und noch vier Softpacks aus dem russischen Supermarkt.
 
Reis und Hirse, Buchweizen und Grieß. Dass man die bequem aus diesem kleinen Plastikhals-Stöpselstummel rausschütteln kann, scheint höchstens beim Grieß plausibel. Spätestens beim Buchweizen sucht, wer nicht extremer Fan von Slow Food ist, nach der Schere.

Gut also, dass das alles war, was er im Softpack kauft, der Russe.

Ja okay, und Zucker.

Zucker im Softpack 

Und Schmelzkäse.

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Und Erdbeermarmelade.

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Und Kaffeesahne.

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Und Bolognesesauce.

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(Danke an Udo für die „Softpack“-Vokabel und die Erklärung, warum Supermarkt-Mitarbeiter Softpacks hassen.)

Putin der Woche (IV)

Putin der Woche

Gesehen: In einem Russischbuch.

Begleitung: Eine Einstiegsübung zum Thema „Selbstporträt“, in schlichten Sätzen gehalten.

Text: „Guten Tag! Ich heiße Wladimir Wladimirowitsch. Mein Nachname ist Putin. (…) Ich bin in Sankt Petersburg geboren, lebe jetzt aber in Moskau….“ Nicht ganz auf Stand ist das Buch allerdings bei den Familienverhältnissen: Der Mensch, der sich hier in Lektion 1 als Vater von Mascha und Katja vorstellt, ist noch ein verheirateter Mann.

Subtext: Du lernst also Russisch? Okay, fangen wir mit dem Wichtigsten an. Denkerpose und los geht’s!

Oben-Ohne-Punkte: 0/10.

Nützliche Russland-Apps für Touristen und andere Zugereiste

startupstockphotos best russia apps

Welche Apps braucht man in Russland, vor allem in Moskau? Was muss drauf aufs Handy? Zum Start zwei Tipps, die banal klingen, aber viel Zeit sparen: Google Translate als App statt im Browser ist mobil um vieles einfacher zu handhaben. Auch Chrome lohnt sich, wegen derselben Google-Technologie: Eine russische Website mit einem Klick übersetzen zu können, das ist schon sehr nützlich.

Metropolitan App ScreenshotWas noch? Einen Metro-Plan, zum Beispiel „Metropolitan“ oder „Yandex Metro„. Sie schlagen Routen vor, helfen bei der Orientierung und verschaffen Durchblick bei Spezialitäten, wie sie Moskaus Metronetz reichlich hat: Teatralnaja, Ochotni Riad und Ploschad Revolutsii? Dieselbe Haltestelle auf unterschiedlichen Linien. Arbatskaja in Hellblau und Arbatskaja in Dunkelblau? Unterschiedliche Haltestellen, an denen man also auch nicht in die jeweils andere umsteigen kann. Nur auf die Fahrtdauer-Prognosen sollte man sich besser nicht verlassen, es dauert eigentlich immer länger.

Neben der Metro gibt es Busse, Straßenbahnen, Oberleitungsbusse und kleine Marschrutki – bloß keine gute Fahrplan-App dafür. Selbst Mosgortrans, der ÖPNV-Betreiber in der Hauptstadt, verweist für Fahrplanauskünfte schlicht auf Google Maps, viele Russen nutzen auch dieselbe Funktion in Yandex Maps. Speziell bei Bussen schlägt Rusavtobus auch schon mal gute Alternativen vor, kann also nicht schaden.

GetTaxi ScreenshotOder Taxifahren? Wer an einer großen Moskauer Straße die Hand raushält, vor dem hält schnell der erste Privatwagen und fordert zwei Fähigkeiten ein: den TÜV-Prüfer-Blick, ob man sich diesem Menschen und diesem Auto anvertrauen will, und ausreichende Russisch-Kenntnisse, um Ziel und Preis auszuhandeln. Ob sich der Fahrer dort dann noch erinnern wird oder behaupten, man habe sich auf das Doppelte geeinigt, ist Glückssache. Die Alternative sind deshalb Apps wie YandexTaxi und GetTaxi (englische Menüführung), mit festen, transparenten Preisen und einem Bewertungssystem für Fahrer. Bloß Finger weg von CityMobil, das sind ekelige Rassisten.

WordLens ScreenshotNützlich zur Orientierung unterwegs ist auch WordLens – eine App, die Schriftzüge erfasst und auf dem Handy-Bildschirm eine Übersetzung anzeigt. Einmal eingerichtet (erst die App runterladen, die Sprachpakete gibt es dann als In-App-Käufe, aber zum Preis von null Euro) taugt das für alles von Straßenschildern bis zu Joghurt-Etiketten an der Milchtheke. Auch eine App zum Scannen von QR-Codes lohnt sich, denn viele Sehenswürdigkeiten in Moskau haben großformatige Codes an der Fassade.

Friendly Moscow ScreenshotZum Weggehen hat Afisha sicher den besten Terminkalender, allerdings gibt es die App bisher nur auf Russisch. Keinen Kalender, aber viele Ideen abseits der gängigen Touri-Ecken bietet Friendly Moscow. Dort hab ich zum Beispiel vom Spielautomaten-Museum gehört und da großen Spaß gehabt. Nur die Suche nach einer geheimen Bar endete mit einem bocklosen Wirt, der nicht mal zum Fenster rausrufen wollte, als wir im Innenhof standen, aber den Eingang nicht fanden. Nun ja. Größere Restaurant- und Cafébetreiber haben außerdem oft Sammel-Apps für ihre verschiedenen Läden – aus dem Angebot von FriendsForever lohnt sich zum Beispiel das Breakfast Café, bei iGinza das Sixty und die Mercedes Bar.

memrizeWas Apps zum Russischlernen angeht, hat mich bisher nur wenig überzeugt. VOCLab (falsch übersetzte Vokabeln), Bravolol (keinerlei Methodik), Babbel (ziemlich strammes Bezahlmodell), irgendwas war immer. Hängengeblieben bin ich schließlich bei memrize. Die App ist zum Lernen generell gedacht – Hauptstädte, Jahreszahlen, Sprachen – und legt einem systematisch und in kleinen Gruppen Vokabeln und Floskeln zum Wiederholen vor. Dazu gibt es so bekloppte Eselsbrücken, dass sie aus purem Schmerz hängenbleiben. Zwei Häkchen allerdings auch hier: Erklärt wird das Russische aus dem Englischen, das macht die Aussprachetipps manchmal verwirrend. Und neue Kurse kann man nicht innerhalb der App laden, nur per Umweg über die Website.

ponsZum Schluss noch ein Tipp zu Wörterbüchern: Für die Pons-App in der Größe „Kompakt“ (285.000 Einträge) zahlt man aktuell 14,99 Euro. Dafür liest sie Begriffe vor, liefert bei Verben die Konjugation und bei Substantiven die Deklination als Tabelle mit und kann noch einiges mehr, was ich noch nicht ausprobiert habe (Handschrifterkennung, Vokabelkärtchen). Für einen Urlaub in Russland sicher nicht nötig, aber fürs Leben hier eine gute Sache.

Für weitere Reisen hier noch ein paar nützliche China-Apps.

(Foto: Startup Stock Photos)

Verstärkung gesucht

250,000 Facebook-Fans, 60,000 Twitter-Follower, dazu ein YouTube-Kanal und ein Instagram-Account, die mal ein bisschen Liebe brauchen könnten. Das, lieber Leser, kann alles Dir gehören, jedenfalls auf Zeit.

Wir suchen bei der Moscow Times eine Praktikantin oder einen Praktikanten für Social Media. Die ganze Stellenanzeige gibt es hier, und wer sich die URL ansieht, der merkt schon: Einfach ist hier nur wenig. Einerseits sitzen wir an schicken, schnellen Macs in einem Gebäude im Norden der Stadt, in dem es entfernt so aussieht wie auf dem Bild. Die Atmosphäre ist irgendwo zwischen Start-Up und Lokalredaktion, die Kollegen kommen aus allen möglichen Ländern, und irgendwer plant immer gerade eine Reise irgendwohin und holt sich in der Teeküche Tipps von drei anderen, die schon da waren. Einerseits.

Foto: Startup Stock Photo
Foto: Startup Stock Photo

Andererseits haben wir das älteste CMS, mit dem ich seit dem Volo gearbeitet habe, und das war immerhin 1998. Neuankömmlinge müssen sich aus den schicken Mac-Bildschirmen, den schicken Mac-Tastaturen und den schicken Mac-Mäusen erst mal eine Kombination zusammenklauben, die auch funktioniert. Verständnis dafür, wie kritischer Journalismus funktioniert, ist in Russland nicht sehr weit verbreitet – die Philosophie ist eher „wenn ihr nicht für uns seid, seid ihr wohl gegen uns“ Das führt zu interessanten Facebook-Kommentaren. Und ja, das politische Klima hier ist genau so, wie ihr es euch vorstellt in einem Land, das in einen bewaffneten Konflikt mit einem Nachbar verwickelt ist.

Wenn das jetzt als Reaktion nicht „Oh Gott“ auslöst, sondern „Das muss ich mir mal anschauen“, dann freue ich mich über eine Bewerbung. Es wird viel ums Tagesgeschäft gehen, darum, wie man Leser rund um die Welt so erreicht, dass sie in ihrer Zeitzone im richtigen Moment den richtigen Inhalt von uns sehen. Aber es ist auch genug Luft zum Rumprobieren. Für Liveblogs, schlaflose Foto-Aktionen, Storifies, Memes, Thinglinks und anderen Spökes, den ihr als Idee mitbringt. Als Pluspunkt kann ich bieten, dass sich Leute (hier, hier, hier und anderswo) von mir bisher immer gut ausgebildet gefühlt haben. Sowas macht mir Spaß, und ihr wärt hier garantiert weder Kaffeekocher noch Kopierhilfe.

Zwei Hinweise noch zur Ausschreibung: Das Praktikum ist, so leid mir das tut, unbezahlt. Und ja, auch wenn ihr das hier auf Deutsch lest, suchen wir im Prinzip Englisch-Muttersprachler. Da mir klar ist, dass ich nicht in der besten Position bin, auf diesem Anspruch zu bestehen, hier die Ausnahmeregel: Wer kein Muttersprachler ist, aber schon Erfahrung im Arbeiten für englischsprachige Medien mitbringt und diese Erfahrung auch belegen kann, ist herzlich willkommen. Bei Zeitpunkt und Dauer des Praktikums sind wir flexibel, es würde also auch gut in die Semesterferien passen.

Fragen? Hier fragen

Eine Konzert-Saison mit ForScore

Die Mitsängerinnen hatten Fragen, als die neue Saison begann. Denn auf den Tipp eines holländischen Dirigenten-Bekannten hin (Danke, Danny!) hatte ich diesmal keine Chormappe dabei, sondern nur das iPad Mini, und darauf die App „ForScore“. 5,99 Euro für das Privileg, nicht jede Woche anderthalb Kilo Noten zur Arbeit und dann zur Probe zu schleppen? Definitiv den Versuch wert. Hier eine kleine Bilanz.

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„Hast Du keine Angst, dass die App abstürzt?“

Nein, jetzt nicht mehr. Aus dem Stand wäre ich sicher nicht von analog zu digital gewechselt, aber nachdem in den Proben immer alles gut ging, hat sich ForScore auch in den vier Konzerten zum Ende der Saison bewährt. Die größten Schwierigkeiten hatte ich anfangs noch mit dem schlichten Umblättern, denn wer wischt, landet damit schon mal in einer anderen Ansicht.

Der Trick ist – vorher mal die Anleitung lesen hätte geholfen – einfach auf die Seite zu tippen. Rechts blättert vor, links zurück, fehlerfrei.

„Woher weißt Du dann, welche Takte wir gestrichen haben?“

Eine Stärke von ForScore ist, wie leicht man Anmerkungen machen kann. Denn damit aus einem Notenblatt in einer Sängerhand auch Musik wird, braucht es in der Praxis viele Ergänzungen: Wo atmen wir? Wie artikulieren wir ab, also: Sprechen wir die Schlusskonsonanten auf die Eins oder auf Eins-und? Ist das Forte ein Forte oder doch eher ein Fortissimo? Diese 16 Takte Überleitung brauchen wir aber nicht, oder? Deutsches Latein [Ag-nus dee-i] oder italienisches Latein [An-jus dää-i]? (Oder, Gott behüte, russisches Latein, eine inoffizielle, aber populäre Mischung aus italienischen Vokalen und prinzipiell deutschen, aber im Hals weiter nach hinten gerutschten Konsonanten?)

Eine Textmarker-Funktion, um die eigene Stimme hervorzuheben, eine Tastatur für ausformulierte Anmerkungen und eine große Kollektion gängiger Musikzeichen hat ForScore als Menüpunkte. Und wer seine Legatobögen nun partout gefettet und türkis haben will, kann sich selbst das einstellen.

forScore App Preview from forScore App on Vimeo.

„Und wenn im Konzert der Akku plötzlich leer ist?“

Selbst mit Bildschirm auf hellster Stufe braucht das Notenblättern nicht viel Strom. Mit 100 Prozent zum Konzert kommen, kurz noch mal ein paar Stellen ansingen, später das ganze Konzert, und noch nicht mal die 70 Prozent erreicht – so war das diese Saison, und unser Programm war nicht gerade kurz.

„Fühlt sich das nicht komisch an?“

Jetzt nicht mehr. Klar ist alles Gewohnheit, und manche Anmerkungen hätte ich mit dem Bleistift sicherlich besser hinbekommen als mit dem Finger auf dem Display. Dafür ist es extrem einfach, die Noten in die App zu laden und für verschiedene Konzert-Abläufe Setlists mit dem jeweiligen Ablauf der Titel zu machen.

Außerdem ist das iPad nicht nur leichter, sondern auch leiser: „Nicht in die Pianostellen reinblättern“ muss jedenfalls kein Dirigent mehr zu mir sagen.

Putin der Woche (III)

Putin auf einem BärGesehen: Auf dem Souvenir- und Trödelmarkt in Ismailowo.

Begleitung: Ein Bär, der natürlich brav tut, was Putin will. Eine Platte in der Form und den Farben Russlands, auf der dieser Bär steht.

Text: Keiner auf der Figur. Die Verpackung ziert ein Putin-Zitat, in dem er vor einigen Wochen die Besetzung der Krim mit dem Verhalten eines Bären verglichen hat: „Der Bär fragt niemanden um Erlaubnis. Der Bär lässt niemanden seine Taiga haben.“

Subtext: Die Mutter aller Putin-Motive ist bekanntlich Putin ohne Hemd auf einem Pferd. Dank Photoshop folgten Varianten, in denen er ähnlich maskulin auf einem Vogel, einem Hai oder eben einem Bären reitet (hier in Begleitung eines schmerzhaften Kalauers). Was bleibt, sind zwei Fragen: Ob das hier das erste Mal ist, dass ein Photoshop-Bild zu einem Drei-D-Deko-Dings wird? Und warum wurde zu dem Russland, auf dem der Bär steht, eigentlich keine kleine Krim zum Danebenlegen mitgeliefert?

Oben-Ohne-Punkte: 10/10, denn so und nicht anders muss eine Putin-Devotionalie aussehen.

Moskaus Metro in Instagram-Bildern – das Making-of

Thinglink wollte ich schon lange mal für ein größeres redaktionelles Projekt testen (diese Newsmap aus der heißen Zeit des Ukraine-Konflikts war eher ein schnelles Nebenprodukt), und im nachrichtenarmen Dezember bot sich endlich eine Gelegenheit. Das Ergebnis kombiniert die Metro und Instagram – zwei Dinge, die die meisten Moskauer benutzen und viele von ihnen sogar lieben.

So zufrieden ich mit dem Ergebnis bin, der Weg dahin war unnötig steinig, und das lag an Instagram. Während Twitter und Facebook einem die redaktionelle Nutzung leicht machen, macht Instagram einem lieber Umstände. (Ein klein bisschen hoffe ich ja noch, dass ich mich einfach dumm angestellt habe und hier später in den Kommentaren nachlesen kann, wie einfach alles gewesen wäre. Aber selbst von Kollegen mit deutlich mehr Instagram-Erfahrung kam auf Fragen hin meist nur: „Nein, die Funktion gibt es wirklich nicht. Ja, das ist doof.“) Darum ein kleines Protokoll.

1. So schlicht und schön sich Instagram mobil nutzen lässt, so umständlich ist es im Browser. Einloggen, Fotos gucken, Fotos liken – viel mehr geht nicht auf Instagram.com. Keine Suchfunktion, auch die Hashtags unter den Fotos sind keine Links. Meh.

2. Zur Suche gibt es externe Dienste wie Iconosquare. Ein Foto der Haltestelle Kievskaya zu finden, geht also so: Bei Iconosquare „Kievskaya“ eingeben. Unter den Suchergebnissen ein Foto finden. Bei Iconosquare das Profil des Nutzers öffnen, der es gepostet hat. Den Nutzernamen rauskopieren und im Tab nebenan hinter Instagram.com/ einfügen. Runterscrollen bis zum Motiv. Motiv öffnen. Link rauskopieren und in Thinglink einbetten.

3. Nein, Thinglink hat im Gegegsatz zu Storify keine integrierte Instagram-Suche.

4. Ja, Moskau hat knapp unter 200 Metrohaltestellen. Nicht alle davon sind schön, aber doch viele.

5. Das unter 2 erwähnte Runterscrollen kann bei fleißigen Instagrammern länger dauern. Nützlich wäre eine Suchfunktion, die nur Posts aus einem bestimmten Zeitraum anzeigt; stattdessen bleibt nur klicken und scrollen, klicken und scrollen. Es empfiehlt sich darum, nur Bilder aus den letzten zwei Wochen zu verwenden. Oder aus Profilen, die noch keine vierstelligen Bilderzahlen gepostet haben. Aber find die mal, in Russland.

6. Auch via Iconosquare kann man Instagram immer nur nach einem einzelnen Hashtag durchsuchen, nicht nach einer Kombination. Wenn die Haltestelle also heißt wie eine Sehenswürdigkeit, der nahegelegene Park oder der ganze Stadtteil, kann die Recherche nach einem passenden Motiv auch schon mal eine halbe Stunde dauern. Bei Twitter würde ich einfach nach „#Sokolniki #Metro“ suchen. Bis dahin bleibt Instagram ein Tool, mit dem ich privat gerne rumspiele, das redaktionell aber eine bessere Benutzeroberfläche braucht.

Franziska Bluhm schreibt hier darüber, was für sie Instagrams Charme ausmacht und wo es noch von anderen lernen könnte.

Von Lars Wienand kam und Katharina Kierig kam der Hinweis auf Mixagram – und ja, das ist zwar noch im Werden, aber manchmal gelingen tatsächlich Suchen nach zwei Hashtags gleichzeitig.