Wer in Moskau lebt, geht mit Wasser anders um. Kein Schluck aus der Leitung mehr nach dem Zähneputzen. Den Lieferanten für unser Wasser – stilles in Fünf-Liter-Kanistern, Mineralwasser in Flaschen – haben wir samt Kundennummer direkt von den Vormietern übernommen.
Bei Reisen in der Region stehen selbstverständlich Flaschen mit Trinkwasser auf dem Zimmer, selbst in günstigen Hotels. In der Redaktion kümmern sich die Putzfrauen darum, dass regelmäßig die leeren Wasserbehälter an den Zapfstellen gegen volle ausgetauscht werden.
Von warmem Wasser wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Das kommt gerne mal so wie auf dem Foto aus der Leitung; da stirbt der Impuls, es zu sich zu nehmen, einen abrupten Tod. Aussagen zur Qualität des kalten Wassers klingen unterdessen seit Jahrzehnten nach Radio Eriwan. Im Prinzip kann man das schon trinken, aber…
- „Unser Leitungssystem liefert nur gutes Wasser. An den Geschmack muss man sich halt gewöhnen.“ (Ein Sprecher des Wasserversorgers Moswodkanal, 1992)
- „Mehr als 88 Prozent kochen aus Sorge um die Wasserqualität ihr Leitungswasser ab, 23 Prozent filtern es, 30 Prozent lassen es einige Zeit stehen, damit sich Fremdstoffe absetzen, und etwa 13 Prozent kaufen ihr Wasser in Flaschen.“ (Eine Harvard-Studie im Jahr 1998 zu „Vermeidungstaktiken“ Moskauer Haushalte)
- „Die Wasserversorgung in Russland basiert zu rund 70 Prozent auf Oberflächenwasser, das gegenüber externer Verschmutzung quasi ungeschützt ist, und nur zu 30 Prozent auf Grundwasser, dessen Qualität stabiler ist.“ (Länderprofil Russland der Vereinten Nationen, 2004)
- „Ich trinke nur Tee, der mit Wasser aus dem Kanister aufgebrüht wurde. Man kann das Leitungswasser zwar trinken, aber wenn Sie das Geld dafür haben, sollten Sie lieber in den Laden gehen und eine Wasser-Marke finden, die zu ihren Bedürfnissen und ihrem Gesundheitszustand passt.“ (Gennadi Onischtschenko, damaliger Leiter der obersten russischen Verbraucherschutzbehörde Rospotrebnadsor, 2012)
- „Die letzten Meter bis zum Wasserhahn (sind) eine Wundertüte möglicher Keime – die Leitungen in den Wohnhäusern haben deren Eigentümer zu verantworten und ihr Zustand ist unberechenbar.“ (Die Moskauer Deutsche Zeitung im Jahr 2013, mit „ihr Zustand“ sind vermutlich eher die Rohre als deren Eigentümer gemeint.)
- „Moskauer Leitungswasser kann ohne Gesundheitsbedenken von der Bevölkerung getrunken werden. (…) Im Wohngebäude kann es aber Risiken geben, etwa durch alte, rostige Leitungen.“ (Moswodkanal im Juli 2015)
Zeit für einen Versuch. Dazu morgen mehr.
3 Gedanken zu „Moskauer Leitungswasser – kann man das trinken? (Teil 1)“